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3. Kapitel

Berlin auf der Bühne der Weltpolitik: Die 1980er Jahre

Der Einfallsreichtum der Activity-Arbeit des ältesten Berliner Lions Clubs blieb auch auf höherer Lions-Ebene nicht unbemerkt. Noch Anfang 1980 erhielt der LC Berlin von Lions Deutschland den „Lions-Teller für besondere Activity-Verdienste“, mit dem traditionell die jeweils beste und originellste Activity ausgezeichnet wurde. Besonders beeindruckt hatte sich die Jury von der Möbelaktion im Hotel Hamburg gezeigt, die auch in den folgenden Jahren wiederholt wurde: Wann immer ausrangierte Möbel aus dem Hotelbetrieb an bedürftige Empfänger vermittelt werden konnten, waren Mitglieder des Lions Club Berlin zur Stelle – z. B. im September 1983, als noch einmal 21 Betten im Wert von 10.000 DM in ein Jugendheim nach Konradshöhe transportiert werden konnten. Leider bereitete ein unerfreuliches Ereignis dieser bewährten Activity ein abruptes Ende, als sich im März 1985 ungeladene Dritte an dem bereitgestellten Mobiliar bedienten.

Aber nicht nur lokale Activities prägten die 80er sondern auch die District-Activities und Einzelaktionen. Die Beteiligung an Activities auf nationaler Ebene bestand dabei überwiegend aus Geldspenden. So konnten durch vereinte District-Activities beispielsweise 1980 nach der schweren Erdbebenkatastrophe in Italien im Dezember zehn Fertighäuser gespendet werden (rund 3.000 DM kamen dabei vom Lions Club Berlin). Im gleichen Jahr wurde einem Krankenhaus in Bangladesch die Anschaffung eines Röntgengeräts ermöglicht und im von Bürgerkrieg und Hungerkatastrophen erschütterten Somalia sorgten die deutschen Lions für eine Notversorgung mit Decken und Reis im Wert von insgesamt ca. 25.000 DM. Um eine Transparenz solcher global angelegter Einsätze zu gewährleisten, wurden seit 1981 Hilfsgütertransporte ins Ausland genau dokumentiert, so dass sicher gestellt werden konnte, dass die Spenden auch bei den Bedürftigen ankamen und nicht vorher in dunkle Kanäle abflossen. Auf diese Weise konnten auch Zweifler von der Wirksamkeit der Aktionen überzeugt werden. Doch auch auf der District-Ebene ging es nicht nur um die Bereitstellung finanzieller Mittel, sondern um persönliches, ziviles Engagement. In einer konzertierten District-Aktion wurde beispielsweise 1985 dazu aufgerufen, bei anfallenden Landtagswahlen die Begleitung älterer und behinderter Bürger zu den Wahllokalen zu übernehmen, um diesen eine staatsbürgerliche Beteiligung am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Der Aufruf stieß auf bereitwillige Resonanz, so dass sich Lionsfreunde aus allen Berliner Lions-Clubs bei den Wahlen im März 1985 an der Aktion beteiligten.

Woher kamen die Ideen für diese unterschiedlichen Aktionen? Entstanden sie bei den ausgiebigen "Aprés-Diskussionen" an der Bar des Hotel Berlin im Anschluss an die Treffabende? Oder eher in gemütlicher Atmosphäre bei den vielen Herrenabenden, die monatlich jeweils ein Lionsmitglied in seinem Privathaus ausrichtete und von denen das Herrenabend-Gästebuch seit 1980 berichtet? Oder vielleicht kamen die Geistesblitze in entspannter Stammtisch-Runde, als man sich seit 1986 einmal im Monat im zwanglosen Lionskreis im „Kardell“, dann im „Zlata Praha“ und später im „Heckers Deele“ traf? Oder waren es vielmehr die Herrenpartien, die seit 1982 jährlich das Lions-Clubleben bereicherten? Was auch immer die Antwort sein mag, an neuen Einfällen für wohltätige Einsätze mangelte es den Berliner Lions nicht. Dennoch seien an dieser Stelle zu Letztgenanntem, den Herrenpartien, noch ein paar Worte gesagt, denn sie bildeten jedes Jahr um Himmelfahrt herum einen Höhepunkt gemeinsamer Lions-Unternehmungen.

1989

Das schicksalsträchtige Jahr 1989 näherte sich, durch dessen Ereignisse die Teilung Berlins, Deutschlands und Europas überwunden wurde. Doch wir greifen vor. Schon seit Mitte der 1980er Jahre begann man sich im Lions Club Berlin verstärkt gen Osten zu orientieren und organisierte Activities zugunsten von Pflegeheimen und Krankenhäusern in der DDR und in Ost-Berlin. Diese Maßnahmen erfuhren vor allem durch den Activity-Beauftragten Lf Wolfgang Keilig wichtige Impulse, der durch seine berufliche Tätigkeit im medizintechnischen Bereich über ein Dauervisum für die DDR und entsprechende Kontakte verfügte. Durch seine Reisen in die DDR wusste er um die desolate Ausstattung der Alten- und Pflegeheime. Seine Anregung stieß bei den übrigen Lionsfreunden auf positive Resonanz: Am 13. November 1985 nahmen sich die Mitglieder des Lions Club Berlin Lf Siegfried Busche, Lf Wolfgang Keilig, Lf Dr. Werner D. Schwalm und Lf Arwed Thierbach dienstfrei und begaben sich auf den Weg nach Sachsenhausen, wo dem evangelischen Dauerpflegeheim zwei dringend benötigte Badelifte im Wert von 11.000 DM übergeben wurden. Im Laufe der nächsten Jahre verlagerte sich der Schwerpunkt der Lions-Activity immer mehr auf die Unterstützung von Pflegeheimen und bedürftigen Bürgern in der DDR.

All diese Activities in der DDR geschahen nur wenige Jahre, bevor die Trennung Deutschlands beendet werden sollte. Noch im Sommer 1989 hatten nicht einmal Experten die welthistorischen Umbrüche vorhergesagt. Als Ronald Reagan 1987 anlässlich der 750-Jahr-Feier von Berlin seinen berühmten Satz sagte "Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer ein" galt das als gewagte Forderung, zu denen sich nur wenige europäische und deutsche Politiker aufzuraffen wagten.

Mit umso dramatischerer Wucht vollzogen sich dann die Ereignisse im Herbst 1989 in Berlin: Das, was jahrzehntelang unmöglich erschien, verkündete nun Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz am Abend des 9. November 1989: „Die ständige Ausreise kann über alle Grenzübergangsstellen zur BRD beziehungsweise zu Berlin-West erfolgen.“ Damit bestätigte er formal, was an Fakten bereits geschaffen worden war – ein Massenexodus der DDR-Bevölkerung hatte eingesetzt. Der vermeintlich "goldene Westen" lockte.

Der Fall der Mauer sorgte auch beim LC Berlin für Neuerungen. In dem Protokoll des Dezember-Treffabends von 1989 hieß es: „Präsident Uwe Foitzik erinnerte in seiner Begrüßungsansprache an die Umwälzungen im politischen Bereich und betonte unsere Absicht, Persönlichkeiten aus Ost-Berlin und der DDR zu unseren Clubabenden einzuladen und auch Bestrebungen anzuregen, Lionsclubs im Ostteil unserer Stadt und in der DDR zu gründen und kraftvoll zu unterstützen.“ Schon zwei Monate später konnte man in einem weiteren Protokoll lesen: „Noch vor wenigen Monaten undenkbar, heute Realität und schon fast normal: Präsident Foitzik begrüßte auf unserem Clubabend am 13. Februar Professor Korneli, Architekt und Leiter des Krankenhausbaus in der DDR, Prof. Dr. Zippel, Direktor der Poliklinik der Orthopädie in der Charité in Ost-Berlin und Dipl. Ing. Wulff, Leiter der Medizintechnik in der Charité, als Gäste unseres Clubs.“ Die drei genannten Herren wurden am 8. Mai 1990 als erste Berliner aus dem Ostteil der Stadt Mitglieder im Lions Club Berlin und bildeten den Anfang von vielen neuen Zugängen aus den – vom Westen aus gesehen - lange verschlossenen Teilen Berlins.

 

 

 

 

 

 

 

„Die ständige Ausreise kann über alle Grenzüber-gangsstellen zur BRD beziehungsweise zu Berlin-West erfolgen.“ … und auch direkt über die Mauer.